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Niccolo Machiavelli - Biographie


1499

Machiavelli erste nennenswerte politische Handlung ist militärischer Natur. John HawkwoodEr verfasst eine Denkschrift an den 'Rat der Zehn', dass die Auseinandersetzung mit der abtrünnigen Stadt Pisa allein militärisch zu lösen sei.


Pisa war 1494 beim Franzosenfeldzug Karl VIII. von Florenz abgefallen, dem es seit 1406 unterstand, mit stetigem Widerwillen. 1499 beginnt, auf Anraten Machiavellis hin, die Belagerung Pisas, die nahezu zehn Jahren später nach militärischen Auf und Ab mit einem Sieg Florenz´ und dem größten Triumph Machiavellis endet. Machiavelli organisiert mit allen Kräften den mühevollen Krieg: er beschafft den Sold und sichert den Nachschub, er rechtfertigt den Krieg vor der Bürgerschaft und vermittelt pausenlos zwischen den konkurrierenden Söldnerführern (Condottieri).

Hier liegt die Wurzel für Machiavellis vehemente und generelle Ablehnung des Söldnerwesens, dass ineffizient, teuer und letztlich politisch unzuverlässig, bisweilen sogar gefährlich ist. Machiavelli wird 1507 eine Bürgermiliz schaffen, die schließlich auch den Sieg über Pisa bewältigen wird.


1499 beginnt zudem seine diplomatische Laufbahn. Er versucht im Auftrag Piero Soderinis, der als Gonfalonier in Florenz an der Spitze des Rates stand, das mit Frankreich verbündete Florenz aus dem europäischen Hegemonialkrieg, der auf italienischen Boden ausgetragen wird, herauszuhalten.

Gonfaloniere kann man schlechthin mit dem Titel 'Regierender Bürgermeister' übersetzen, dem Wortlaut nach heißt es Bannerträger; der Gonfalonier führte das Banner der Gerechtigkeit zum Zeichen der obersten Gewalt, die in seinen Händen lag.

Pietro SoderiniDie erste wichtige Gesandtschaft führt ihn an den Hof von Caterina Sforza, der Herrin von Imola und Forli.

Machiavelli, der diplomatische Novize, erhält sogleich von der begehrten und durchtriebenen Catarina eine diplomatische Lehrstunde. Sie hält ihn hin, schmeichelt ihm, deutet Abmachungen an, nimmt halb Zugesagtes überraschend wieder zurück. Machiavelli verliert bald die Geduld und gesteht, dass er nicht umhin konnte, "über ihr Getue und Ihre Worte ärgerlich zu werden".


Aber dem Klugen dienen auch Niederlagen - Machiavelli vervollkommnet sich in der Kunst der Diplomatie. Als Botschafter der Republik Florenz wird Machiavelli während seiner vierzehnjährigen Verwaltungstätigkeit auf dreiundzwanzig Delegationen ins Ausland über 15000 km im Sattel sitzen. Er wird viermal in Frankreich bei König Ludwig XII. sein, zweimal in der Romagna bei Cesare Borgia, zweimal in Rom bei Papst Julius II. und zweimal am kaiserlichen Hof bei Maximilian I. die Interessen seiner Heimatstadt vertreten.


1500

Machiavellis zweite Gesandtschaft führt ihn nach Nevers an den Hof des französischen Königs Ludwig XII. Machiavelli bleibt ein halbes Jahr in Frankreich. In ausführlichen Briefen an die Signoria berichtet er von der diplomatischen Ohnmacht, die seine Mission kennzeichnet.

Die verbündeten Franzosen seien"...von ihrer Macht und vom gegenwärtigen Vorteil verblendet und achten nur den, der entweder bewaffnet oder zum Geben bereit ist", und "Euch..." (damit ist Florenz gemeint), so führt er aus "...halten sie für einen Niemand und Habenichts".


Machiavelli lernt die unauslöschliche Lektion, dass ein Gemeinwesen ohne Waffen im Machtspiel dem Untergang geweiht oder allenfalls Spielball ist und, dass nur ein national geeinter Staat wirklich im europäischen Hegemonialkampf überleben kann.Louis XII.


1501

Machiavelli heiratet im Herbst Marietta di Luigi Corsini. Sie werden gemeinsam vier Söhne: Bernardo, Ludovico, Piero, Guido und eine Töchter: Bartolomea oder Baccia haben.


Machiavelli, so wissen wir aus seinen Briefen ist nicht treu - wenigstens das spätere Verhältnis zur Sängerin Barbara Salutati (die später auch in Theaterstücken Machiavellis singen wird), scheint mehr als nur eine belanglose Liebelei gewesen zu sein. Als Beispiel seines Verhältnisses zum anderen Geschlecht eine Passage aus dem Brief an Luigi Guicciardini vom 8. Dezember 1509, die auch Auskunft über Machiavellis hervorragende Beobachtungskunst liefert:


"Verdammt, Luigi! Wie doch Fortuna in ein und derselben Sache die Menschen unterschiedlich bedenkt. Ihr habt eine zum Vögeln, Ihr habt sie gehabt und wollt gleich noch mal. Ich dagegen war hier schon eine ganze Weile und war ganz blind vor Verlangen. Da traf ich eine Alte, die mir die Wäsche macht. Sie wohnt im Souterrain, und Licht kommt nur zur Tür herein. Wie ich eines Tages dort vorbeigehe, erkannte sie mich und begrüßte mich lauthals. Sie lud mich ein, hereinzukommen, weil sie mir einige schöne Hemden zum Kauf zeigen wollte.

Ich Einfaltspinsel fiel doch glatt darauf herein und wie ich drinnen war, sah ich im Zwielicht eine Frau mit einem Tuch über Kopf und Gesicht, die recht verschämt tat und in einer Ecke blieb. Die alte Vettel nahm mich bei der Hand, führte mich zu ihr und sagte:"Das ist das Hemd, das ich Euch verkaufen will, aber ich will, daß Ihr es erst probiert, und dann werdet Ihr es bezahlen". Ein bißchen schüchtern wie ich bin, war ich ganz verblüfft. Die Alte aber verließ den Raum, und machte die Tür zu. Weil ich mit der anderen im Dunkeln blieb, stieß ich ihr ihn rein. Und obwohl sie ganz welke Schenkel, eine feuchte Möse hatte und ein bißchen aus dem Mund roch, war ich so ver-zweifelt geil, daß ich sie einfach vögeln mußte. Wie ich fertig war, wollte ich mir diese Ware doch ein bißchen anschauen, nahm einen Span vom brennen-den Herd und zündete damit eine Laterne an der Decke an. Holla! Beinahe wäre ich tot umgefallen, so häßlich war dieses Weib. Sie hatte zwar einige halb graue, halb schwarze Haare, aber der Hinterkopf war ganz kahl und über diese Kahlheit sah man die Läuse marschieren. Die wenigen Haare, die sie hatte, fielen ihr über die Stirn bis auf die Augenbrauen. Mitten auf dem kleinen runzeligen Kopf hatte sie ein Feuerzeichen, wie man es den Tieren an der Säule auf dem Mercato Vecchio aufdrückt. Auf jedem Büschel der Augen-brauen klebten Läuseeier. Von den Augen schaute eins nach oben, eins nach unten, und eins war größer als das andere, beide aber waren voller eitriger Tränenflüssigkeit und ganz ohne Wimpern. Die Nase war ganz nach oben gestülpt, ein Nasenflügel aufgeschnitten und voller Rotz. Der Mund erinnerte an den von Lorenzo dem Prächtigen, aber auf einer Seite auch noch schief, und da lief der Speichel heraus, weil sie ihn, zahnlos wie sie war, nicht zurückhalten konnte. Auf der Oberlippe hatte sie einen langen, aber dünnen Bart. Das Kinn lief spitz zu und war leicht nach oben gebogen, wovon noch ein kleiner Hautzipfel bis zum Halsansatz herunterhing. Wie ich dieses Monster völlig verwirrt anstarrte, bemerkte sie es und wollte sagen "Was habt Ihr, mein Herr?", aber sie sagte es nicht, weil sie stotterte. Und in dem Moment, als sie den Mund aufmachte, kam ein fürchterlicher Gestank heraus. Meine beiden Eingänge zu den allerempfindlichsten Sinnen, Nase und Augen, waren dadurch so getroffen und mein Magen reagierte so empfindlich, daß er diese Beleidigung nicht mehr ertragen konnte, es kam mir alles hoch und ich erbrach mich auf sie. Und mit dieser Bezahlung, die sie wohl verdient hatte, verschwand ich. Ich verwette dafür meinen Platz im Himmel, daß mir, solange ich in der Lombardei bleibe, die Lust vergangen ist. Ihr aber sollt Gott dafür danken, daß Ihr Hoffnung auf weiteres großes Vergnügen haben könnt, und ich will ihm auch dafür danken, daß ich die Angst verloren habe, daß mir jemals mehr ein solches Mißvergnügen passieren kann..."


Trotzdem dokumentiert gerade sein Briefwechsel, dass er seinen Kindern ein äußerst fürsorglicher Vater war.

Über Machiavellis nüchtern, frivole Renaissancesicht auf das Verhältnis von Mann und Frau lese man auch sein Lustspiel 'Mandragola' oder eben Boccacios 'Decamerone', das geniale Werk eines anderen großen Florentiners.





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