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Niccolo Machiavelli - Biographie


1512

Untergang der Republik Florenz. In den letzten Augusttagen 1512 nehmen die Truppen des von den Medici bezahlten Spaniers Ramon de Cardona zunächst Palazzo VecchioPrato ein und plündern es. Die Bürgerwehr gibt die Stadt vor den Toren von Florenz widerstandslos auf.

Beim letzten Ultimatum der Spanier am 30. August an Florenz, sich zu ergeben, bricht dort die Panik aus; die Wachen auf den Mauern und vor dem Palazzo Vecchio verlassen die Posten, der Gonfaloniere Soderini wird von aufgebrachten Florentinern der Medicipartei, die inzwischen in die Signoria eindringen, ergriffen und wimmert um sein Leben, statt mannhaft die Republik zu verteidigen. Machiavelli wird später über Soderini das spöttische Epigramm schreiben:


"Die Nacht, da Piero Soderini starb,

Kam seine Seele an die Höllenpforte:

'Du in der Hölle, du dummes Ding', schrie sie Pluto an,

Marsch hinauf in den Vorhimmel, zu den anderen Bälgen!'"


Die Signoria wechselt sofort die Front-auch Machiavelli hängt, als der Sieg der Medicipartei feststeht, seinen Mantel in den Wind und glaubt, dass gute Beamte stets gebraucht werden.

Doch es kommt anders-: am 9. November beruft die neue, den Medici treue, Signoria ihren einstigen Spitzenbeamten Machiavelli von allen seinen Ämtern ab. Nicht nur darf er die Stadt "für die Dauer von zehn Jahren" nicht verlassen; auch verbieten sie ihm schließlich, als letzte Kränkung, ohne Vorladung das politische Zentrum Florenz´, den Palazzo Vecchio, zu betreten. Aber es wird noch schlimmer kommen!


1513

Papst Leo X.Machiavelli versucht mit allen Mitteln, wieder in ein Amt zu kommen. Doch wird nicht, wie erhofft, Kardinal Francesco Soderini (ein Bruder des früheren Gonfaloniere Pietro Soderini) zum Nachfolger Papst Julius´ gewählt, sondern Giovanni de´ Medici wird Papst Leo X. Auch sein Bekannter Francesco Vettori, inzwischen Orator von Florenz am Hofe Leos X., der ihm verspricht, sich für ihn einzusetzen, kümmert sich kein Deut um eine Rehabilitation des Freundes.

Dem untätigen 'Freund' schreibt er deprimiert:"


So bleibe ich denn in meinem Lauseloch, da ich keine Seele finde, die sich meiner treuen Dienste erinnerte oder glaubte, dass ich noch zu etwas nütze sei. Unmöglich aber kann ich für längere Zeit hier bleiben, denn ich wurme mich zu sehr. Und wenn Gott nicht gnädiger ist, werde ich eines tages doch gezwungen sein, dieses haus zu verlassen und mich als Verwalter oder Sekretär irgendeines Bürgermeisters zu verdingen, sofern sich nichts anderes bietet. Oder in irgendein Nest zu ziehen, die Kinder lesen zu lehren. meine Familie würde ich hier lassen - für sie wäre ich wohl so gut wie gestorben. Sie wird auch ohne mich trefflich auskommen. Ich falle ihr ohnehin zur Last mit meiner gewohnheit, Geld auszugeben; davon kann ich aber nicht lassen. Ich schreibe Euch das nicht in der Absicht, Euch zu einem Schritt zu meinen Gunsten zu bewegen oder Mühe zu machen - nur um mich zu erleichtern. Ich werde auch auf diesen widerwärtigen Gegenstand nicht mehr zurückkommen."


Schließlich wird Machiavelli sogar verdächtigt, gemeinsam mit Freunden an einer Verschwörung gegen die neue Regierung teilgenommen zu haben. Einem Jüngling, Pietro Paolo Boscoli, bekannt als Gegner der Medici, war ein Papier aus der Tasche gefallen, das etwa zwanzig Namen, darunter auch den Machiavellis, enthielt. Man vermutete sofort eine Verschwörung. Während Boscoli und sein Freund Capponi schon am 22. Februar 1513 enthauptet wurden, verhaftete man Machiavelli und folterte ihn. Sechsmal hintereinander wird er mit den Seilen aufgezogen - der stets loyale Staatsdiener schreibt mannhaft: "(er) habe die Folter mit einer Festigkeit ertragen, die ihn selbst in Erstaunen versetzte."

Bald stellt sich seine Unschuld heraus und er wird auf freien Fuß gesetzt.

Aber er bleibt verdächtig; Machiavelli darf nun wenigstens Florenz verlassen und auf seinem ärmlichen Landgut 'La Strada' bei San Casciano zu Sant´Andrea in Percussina leben. Von Ferne ist die Brunelleschi-Kuppel des Dom zu Florenz zu sehen - besuchen Sie unbedingt den auratischen Ort, wenn Sie in der Toskana weilen, denn dorten kriegen Sie auch den erstklassigen Machiavelli-Wein und Sie können vor allem vorzüglich speisen.


Über seinen Tagesablauf berichtet Machiavelli sarkastisch in dem zu Recht berühmten Brief vom 10. Dezember 1513 an den schon genannten Francesco Vettori (1499-1585):

"Erlauchter Gesandter!

Tarde non furon mai grazie divini. Ich sage dies, weil mir schien, ich hätte Eure Gunst nicht verloren, doch verlegt, da Ihr mir so lange nicht geschrieben. Wo dies herrühren könne, war ich ungewiß. Ich schlug alle Ursachen, die mir als möglich in den Sinn kamen, gering an, außer dieser: Ihr möchtet Euch vom Schreiben zurückgezogen haben, weil Euch gemeldet worden, ich sei kein guter Verwahrer Eurer Briefe, und doch wußte ich, daß außer Filippo und Paolo niemand durch mich sie gehen hatte.

Ich bin beruhigt durch Euren letzten vom 23. verflossenen Monats, aus dem ich zum größten Vergnügen ersehe, wie geregelt und behaglich Ihr Euer Amt verseht. Ich ermahne Euch, so fortzufahren; denn wer seine Bequemlichkeit für die anderer aufgibt, verliert die seinige, ohne daß man ihm für sein Wirken Dank weiß. Da das Glück alles tun will, muß man es machen, ruhig bleiben, ihm nicht lästig werden und abwarten, bis es Menschen etwas tun lasse. Dann wird es Euch anstehen, mehr Mühe anzuwenden, mehr die Dinge zu überwachen, und mir, mein Landhaus zu verlassen und zu sagen: da bin ich. Eure Güte zu erwidern, was ich gern möchte, kann ich in diesem Briefe nichts anderes sagen, als welches Leben ich führe. Urteilt Ihr, daß es einen Tausch mit dem Eurigen wert sei, so bin ich zufrieden, es fortzuführen.

Ich wohne auf dem Lande und bin nach meinem letzten Unglück, alles zusammengerechnet, nicht zwanzig Tage in Florenz gewesen. Ich habe bis jetzt eigenhändig den Krammetsvögeln nachgestellt. Vor Tage stand ich auf, legte meine Leimruten und ging dann weiter mit einer Ladung Käfige bepackt, daß ich aussah wie Geta, wenn er mit den Büchern Amphytrions vom Hafen zurückkommt. Ich fing wenigstens zwei, höchstens sieben Krammetsvögel.

So trieb ich´s den ganzen September über, dann hörte dieser Zeitvertreib, so wenig wert und sonderbar er auch war, doch zu meinem Leidwesen auf. Welches Leben ich seitdem führe, sollt ihr hören.

Ich stehe mit der Sonne auf und gehe in ein Gehölz, das ich aushauen lassen, dort bleibe ich zwei Stunden, die Arbeit des vorigen Tages nachzusehen und mir mit den Holzhauern die Zeit zu vertreiben, die immer Neckereien haben, entweder untereinander, oder mit den Nachbarn. Über dieses Gehölz hätte ich Euch tausend schöne Sachen zu erzählen, die mir mit Fronsino da Panzano und anderen begegnet sind, die von dem Holze wollten. Fronsino in specie schickte um eine Anzahl Klaster, ohne mir etwas zu sagen, und bei der Bezahlung wollte er mir zehn Lire abziehen, die ich, sagte er, vor vier Jahren bei Antonio Guicciardini im Criccaspiel an ihn verloren hätte. Ich fing einen höllischen Lärm an, wollte den Fuhrmann, der das Holz geholt, als Dieb verklagen, so daß G. Machiavelli sich ins Mittel schlug und einen Vergleich herbeiführte. Battista Guicciardini, Filippo Ginori, Tommaso del Bene und einige andere Bürger nahmen, als der Nordwind blies, jeder eine Klaster von mir. Ich versprach allen, und schickte eines dem Tommaso, das zur Hälfte nach Florenz kam, und, um es aufzusetzen, waren er, seine Frau, die Magd und die Kinder da; es sah aus, als wenn der Fleischer Gaburro am Donnerstag mit seinen Knechten sich anschickt, einen Ochsen zu schlachten. Als ich sah, daß dabei kein Gewinn sei, sagte ich den anderen, ich hätte kein Holz mehr. Das haben sie mir alle gewaltig übelgenommen, namentlich Battista, der dies unter die anderen Staatsunfälle rechnet.

Aus dem Gehölze gehe ich an eine Quelle, und von da an meinen Vogelherd, ein Buch in der Tasche, entweder den Dante oder Petrarca, oder einen der kleineren Dichter, wie Tibull, Ovid und solche. Ich lese ihre Liebespein, ihre Liebeshändel, erinnre mich der meinigen und ergötze mich eine Weile mit diesen Gedanken. Dann begebe ich mich ins Wirtshaus an der Straße, spreche mit den Durchreisenden, frage um Neuigkeiten aus ihrer Heimat, höre verschiedene Dinge und merke mir den verschiedenen Geschmack und die mannigfaltigen Phantasien der Menschen. Unterdessen kommt die Essenszeit heran, wo ich mit meiner Familie Speisen verzehre, wie sie mein armes Landgut und geringes Vermögen zuläßt. Nach Tische kehre ich ins Wirtshaus zurück; dort sind gewöhnlich der Wirt, ein Fleischer, ein Müller, zwei Ziegelbrenner. Mit ihnen vertiefe ich mich den Rest des Tages über ins Criccaspiel oder Trictrac: es entstehen tausend Streitigkeiten; der Ärger gibt tausend Schimpfreden ein. Meistens wird um einen Quattrino gestritten, nichtsdestoweniger hört man uns bis San Casciano schreien. In diese Gemeinheit eingehüllt, hebe ich den Kopf aus dem Schimmel hervor und spotte meines tückischen Geschicks, zufrieden, daß es mich auf diese Weise tritt, weil ich sehen will, ob es sich dessen nicht schämt.

Wenn der Abend kommt, kehre ich nach Hause zurück und gehe in mein Schreibzimmer. An der Schwelle werfe ich die Bauerntracht ab, voll Schmutz und Kot, ich lege prächtige Hofgewänder an und, angemessen gekleidet, begebe ich mich in die Säulenhallen der großen Alten. Freundlich von Ihnen aufgenommen, nähre ich mich da mit der Speise, die allein die meinige ist, für die ich geboren ward. Da hält mich die Scham nicht zurück, mit ihnen zu sprechen, sie um den Grund ihrer Handlungen zu fragen, und herablassend antworten sie mir. Vier Stunden lang fühle ich keinen Kummer, vergesse alle Leiden, fürchte nicht die Armut, es schreckt mich nicht der Tod; ganz versetze ich mich in sie. Weil Dante sagt, es gebe keine Wissenschaft, ohne das Gehörte zu behalten, habe ich aufgeschrieben, was ich durch ihre Unterhaltung gelernt, und ein Werkchen de principatibus geschrieben, worin ich die Fragen über diesen Gegenstand ergründe, so tief ich kann, betrachtend, was ein Fürstentum ist, wie viele Gattungen es gibt, wie man sie erwirbt, wie man sie erhält, warum man sie verliert.

Wenn Euch je eine meiner Grillen gefiel, dürfte Euch diese nicht mißfallen.

Einem Fürsten, besonders einem neuen Fürsten dürfte sie willkommen sein; ich widme sie daher der Durchlaucht Giulianos. Filippo Casavecchia hat sie gesehen, er könnte Euch von der Sache selbst und von unseren Gesprächen darüber Auskunft geben, obwohl ich immer noch zusetze und glätte.

Ihr wünschet, Erlauchter Gesandter, daß ich dieses Leben aufgebe und komme, mich mit Euch des Eurigen zu erfreuen. Ich tue es sicher; was mich jetzt noch zurückhält, sind einige Geschäfte, die ich in sechs Wochen beendigt haben werde. Was mich unentschieden macht, ist, daß jene Soderinis dort sind, die ich gezwungen sein würde, zu besuchen und zu sprechen. Ich würde besorgen, daß ich bei meiner Rückkehr zu Hause abzusteigen dächte, und beim Bargello abstiege; denn obgleich diese Regierung die breitesten Grundlagen hat und große Sicherheit, ist sie tamen neu und deshalb argwöhnisch. Auch fehlt es dort nicht an feinen Leuten, die, um wie Paolo Bertini zu erscheinen, andere die Zeche würden bezahlen lassen, wie, wäre dann meine Sorge. Ich bitte, beruhigt mich über diese Besorgnis, dann werde ich Euch binnen der erwähnten Zeit sicher besuchen.

Ich habe mit Filippo darüber gesprochen, ob es gut sei, mein Werkchen zu überreichen oder nicht; und ob es im ersten Falle gut sei, es selbst zu bringen, oder es Euch zu senden. Wenn ich es nicht überreiche, besorge ich, es werde von Giuliano doch gelesen werden, und dieser Ardinghello werde sich die Ehre meiner letzten Anstrengung zuschreiben. Fürs Überreichen spricht die dringende Notwendigkeit - ich zehre mich auf und lange kann ich´s nicht so treiben, ohne vor Armut verächtlich zu werden, - dann mein Wunsch, daß mich die Herren Medici zu verwenden begönnen, sollten sie mich auch anfangs einen Fels wälzen lassen. Wenn ich sie mir dann nicht gewänne, würde es meine Schuld sein. Ich meine deshalb, wenn meine Schrift gelesen würde, so würde man sehen, daß ich die 15 Jahre, die ich mit dem Studium der Staatskunst zugebracht, weder verschlafen noch vertändelt habe; und jedermann sollte sich gerne eines solchen bedienen, der auf fremde Kosten reich an Erfahrung ist. An meiner Treue sollte man nicht zweifeln; da ich immer die Treue bewahrt, dürfte ich nicht lernen, sie jetzt zu brechen. Wer 43 Jahre lang, so alt bin ich, treu und redlich gewesen, dürfte wohl seinen Charakter nicht mehr ändern können; und Zeuge meiner Treue und Redlichkeit ist meine Armut.

Ich wünschte, daß Ihr mir schriebet, was Ihr von der Sache haltet. Ich empfehle mich Euch.

Sis felix

Die 10. Dezembris 1513

Niccolo Machiavelli"


In diesem Brief gibt er also erstmals Auskunft über die Entstehung des Werkes, für welches er als Schriftsteller schließlich berühmt wurde: Haus in St. Andreahier noch lateinisch 'De principatibus' genannt, später 'Il Principe'. Auch die Arbeit an den später sogenannten 'Discorsi', den 'Abhandlungen über die ersten zehn Bücher des Titus Livius' beginnt er 1513. Wir verdanken den schwärzesten Stunden im Leben Machiavellis leuchtende Formulierungen und die hellsichtigsten Analysen der Politik; die Geburt der Politikwissenschaft, wie manche behaupten: gewiss ein ironischer Einfall der Geistesgeschichte.


Drei Schlüsselbegriffe prägen Machiavelli politische Konzeption: virtù, fortuna, necessità.


"Fortuna"

Fortuna ist die Göttin des Schicksalsschlags und des Glücksfalls, der überraschenden Gunst und des unverdienten Leids.

Die Größe des Einflusses der fortuna auf politische Entwicklungen ist laut Machiavelli abhängig vom Ausmaß der politischen Tüchtigkeit des Handelnden, seiner Fähigkeit zur Situationsanalyse und Handlungsfolgenabschätzung, von seiner Menschenkenntnis und seinem pragmatischen Geschichtswissen.


"Virtù"

Virtus, so konnten die Humanisten den Schriften der römischen Literaten entnehmen, bedeutete damals Tapferkeit, Mannhaftigkeit, Beherztheit, Mut, Fähigkeiten also, die für die militärische und politische Selbstbehauptung und Selbststeigerung des Gemeinwesens wertvoll waren, umfasste auch Patriotismus, Gemeinschaftssinn und die Bereitschaft, das Wohl der Allgemeinheit stets über das eigene Interesse zu stellen.


In Machiavellis virtù-Konzept vereinigen sich vor dem Hintergrund eines aktivischen Menschenbildes herrschaftstechnische und normative politische Elemente, in ihm stehen die Bestimmungen der Klugheitsethik des ‚mantenere lo stato’ neben Bestimmungen der klassischen, antityrannischen, gerechtigkeits- und gemeinwohlorientierten Politik. Damit konzentrieren sich im virtù-Konzept die Spannungen zwischen den modernitätsgerichteten und den traditionsbewahrenden Tendenzen des politischen Denkens Machiavellis.


"Necessità"

Die "äußere Notwendigkeit" meint nicht den aktuellen Notstand. Per necessita heißt Handeln aus Einsicht oder realpolitisches Handeln.

· Als "innere Notwendigkeit" erscheint Machiavelli die den Dingen eingegebene Dynamik; auch die Menschen gehorchen inneren Triebkräften.

· Darüber hinaus gibt es eine überwölbende necessità im allgemeinen Naturablauf, die nicht veränderbar oder beherrschbar ist.

· Die necessità als politisches Kalkül: der Prozess ständigen Wandels lässt kein Kalkül auf das Ideal eines endgültig gesicherten Daseins zu. Das Kalkül bezieht sich nicht auf ein utopisches Optimum, sondern auf das tatsächlich nutzbare Kräftespiel und auf die Selbstbehauptung und -bewährung in diesem Kräftespiel.

Das sich wechselseitig einschränkende Spiel von Kraft und Gegenkraft, die Bestimmung des einen durch das andere, durch seine Negation, ergibt eine Zwiespältigkeit des Wirklichen vom Blickpunkt des Menschen, die eine Grunderfahrung Machiavellis geworden ist. Jede menschliche Aktion erzeugt oder setzt Notwendigkeiten (Kausalketten); aber sie entgleitet damit auch dem Menschen. Es besteht eine "Heterogenie der Zwecke"


"Occasione"

Dem neuen Herrscher muss es gelingen, die sich ihm bietende historische Gelegenheit rechtzeitig zu erkennen und beim Schopfe zu packen: das meint die flüchtige 'occasione', die Machiavelli auch in einem Lehrgedicht dargestellt hat.


Die Rettung aus diesem Dilemma gibt der Staat; der Staat ist die Rettung des Menschen als eine in die Wirklichkeit eingebaute Vernunft.


Naturgemäß beginnt Machiavelli seine Schriftstellerexistenz auch aus dem profanen Grund, Geld zu verdienen; hatte er doch seinen amtlichen Lebensunterhalt vollends verloren.


1516

Machiavelli nimmt an den politisch-literarischen Zusammenkünften in den für die Renaissancephilosophie wichtigen Orti Oricellari (den luxuriös mit Statuen geschmückten Garten des Palazzo der Familie Oricellari) teil. Hier, in einer akademisch-epikureischen Atmosphäre trifft sich die humanistisch gebildete junge Elite von Florenz´, die oppositionell zur Medici-Herrschaft steht, teilweise mit Savonarola sympathisierend.

Eine historische Petitesse am Rande: diese Gärten,in denen gegen die Medici konspiriert wurde, werden später von der Familie Medici erworben.


Mit den Teilnehmern des Kreises diskutiert er nicht nur die Überlegungen seiner 'Discorsi', sondern er widmet diese Untersuchung sogar den zwei führenden Geistern des Gartens: Cosimo Rucellai (Eigentümer des Gartens) und Zanobi Buondelmonti:"Ich schicke Euch ein Geschenk, das zwar meinen Verpflichtungen gegen Euch nicht gerecht wird, ohne Zweifel aber doch das Beste ist, was Euch Niccolo Machiavelli schicken kann. Alles, was ich weiß, was ich mir durch eine langjährige Erfahrung und durch die ständige Lektüre der Geschichte angeeignet habe, habe ich hierin niedergelegt."





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